
Das deutsch-russische Kooperationsprojekt „Kontrollierte Einstellung der Atomstruktur in Funktionsmaterialien durch akustische Wellen und elektrische Felder“ (AcoustREXS, ) wurde in den Jahren 2019 bis 2022 durch die DFG gefördert. Es war Teil der Forschung der Arbeitsgruppe Resonante Röntgenmethoden und Kristallmodellierung am Institut für Experimentelle Physik. Die Zusammenarbeit erfolgte in enger Kooperation mit der Lomonossow-±«²Ô¾±±¹±ð°ù²õ¾±³Ùä³Ù Moskau (MSU).
Die russischen Kolleginnen und Kollegen brachten insbesondere die Kompetenz der akustischen Anregung von kristallinen Materialien in das Projekt mit ein. In gemeinsamen Publikationen demonstrierten wir den Aufbau, die Funktionsweise und die Wirkung dieses Ansatzes zur Ausbildung von stehenden Wellenfeldern mittels Ultraschalls [1]. Experimente an der P23-Beamline des PETRA III Synchrotrons am Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg ermöglichten den Nachweis einer durch die resonante Anregung induzierten lokalen Dehnung in Paratellurit-Kristallen TeO₂, mit dem Ziel die Kristallstruktur je nach Resonanzfrequenz in ausgeprägten Mustern auf kürzester Zeitskala reversibel zu modifizieren.
Neben den experimentellen Arbeiten wurden auch umfangreiche Modellierungen von Materialeigenschaftsänderungen durch Verzerrungsrandbedingungen analysiert. Unter anderem wurden intrinsische Stapelfehler (Ruddlesden-Popper-Phasen) erforscht, die gezielte Variation der effektiven Elektronenmasse ermöglichen [2]. Darüber hinaus wurde der Zusammenhang zwischen Stapelfehlern und deren Formierung unter elektrischen Feldern untersucht [3]. Hierbei wurden Ruddlesden-Popper-Phasen in Strontiumtitanat (SrTiO₃) mit der migrationsinduzierten feldstabilisierten polaren Phase verglichen, die sich aufgrund von Sauerstoffvakanzen unter elektrischen Feldern ausbilden kann. Es konnte gezeigt werden, dass beide Phänomene ähnliche Veränderungen der Gitterparameter sowie Ionendislokationen in der Einheitszelle hervorrufen.
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt war der Einfluss von Druck und Temperatur auf den ferroelektrischen Phasenübergang in Bariumtitanat (BaTiO₃) [4]. Obwohl das Phasendiagramm experimentell gut bekannt ist, stellte die Modellierung des Übergangs mit Ab-initio-Methoden eine Herausforderung dar. Das Team kombinierte hierfür Ab-initio-Molekulardynamik mit einem NpT-Ensemble, um den Phasenübergang unter Einfluss von Druck und Temperatur zu modellieren. Die Simulationen führten erfolgreich zur Reproduktion des experimentellen Phasenübergangs und ermöglichten die Erstellung eines Phasendiagramms für unterschiedliche Drücke und Temperaturen (siehe Bilder).
- Ya. A. Eliovich, E. N. Ovchinnikova, K. A. Kozlovskaya, M. Zschornak, T. Weigel, C. Ludt, A. E. Blagov, V. E. Dmitrienko, Yu. V. Pisarevskii, M. V. Koval’chuk
JETP Letters 115 (2022) 456–460
- C. Ludt, M. Zschornak
Zeitschrift für Kristallographie – Crystalline Materials 237 (2022) 201–214
- C. Ludt, E. Ovchinnikova, A. Kulikov, D. Novikov, S. Gemming, D. C. Meyer, M. Zschornak
Crystals 11 (2021) 693
- C. Ludt, D. C. Meyer, M. Zschornak
Materials 17 (2024) 1023